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Faktencheck: Wer profitiert wirklich vom ukrainischen Getreide?

Als Russland am 17. Juli seinen Rückzug aus der Schwarzmeer-Getreide-Initiative ankündigte, verdammte es Millionen von Menschen in Afrika zum Hungertod. Das ist die Botschaft, die über viele Medien verbreitet wurde. Aber sind die hungernden Kinder in Afrika wirklich die Hauptbegünstigten des Getreides aus der Ukraine? Hier sind die Fakten.

In der Saison 2022-23 hat die Ukraine mehr als 32 Millionen Tonnen Getreide exportiert. Damit ist sie laut Bloomberg trotz des russischen Angriffskrieges der drittgrößte Getreideexporteur der Welt. Eine enorme Präsenz auf dem Weltmarkt. Aber wohin geht das Getreide eigentlich? In Wirklichkeit ist nur ein Bruchteil davon für afrikanische Länder bestimmt.

Tatsächlich flossen im letzten Jahr nur 13 Prozent des ukrainischen Getreides in afrikanische Länder, und nicht alles davon als Nahrungsmittelhilfe: Ein Großteil wurde an Länder wie Ägypten, Kenia und Nigeria verkauft. Äthiopien, dessen Ernten unter der extremen Dürre litten, erhielt 282.000 Tonnen Getreide aus der Ukraine.

Die ärmsten Länder Afrikas, wie Sudan und Dschibuti, erhielten sogar noch weniger in Form von Nahrungsmittelhilfe. Die Nahrungsmittelhilfe für Äthiopien wurde von der UNO sogar gestoppt: Aufgrund des hohen Maßes an Korruption in dem Land besteht der Verdacht, dass nur sehr wenige der gespendeten Lebensmittel tatsächlich bei den Armen des Landes ankamen.

Der Großteil der ukrainischen Getreideexporte ist tatsächlich für nicht-afrikanische Länder bestimmt: Spanien, die Türkei, Italien, die Niederlande und – etwas überraschend – China kauften in der letzten Saison rund 65 Prozent des ukrainischen Getreides.

Und das ist der Grund, warum die Ernährungssicherheit nicht nur in Afrika gefährdet ist, wenn die Ukraine ihr Getreide nicht mehr in die Welt exportieren kann: All diese Länder brauchen Unmengen von Getreide. Wenn die Ukraine nicht mehr in der Lage ist, sie zu beliefern, wird eine riesige Marktlücke entstehen. Infolgedessen werden die Getreidepreise in die Höhe schießen und vor allem für die ärmeren Länder unerschwinglich werden. Wenn die Lebensmittelpreise weltweit steigen, werden alle davon betroffen sein.

Auch wenn das Bild einer hungernden Mutter, die ihr unterernährtes Kind mit Nahrungsmitteln aus ukrainischem Getreide füttert, vielleicht nicht ganz der Wahrheit entspricht, so steht es doch symbolisch für die Bedeutung, die die Exporte aus der Ukraine für die weltweite Ernährungssicherheit haben.

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Sara Breitner