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Deutsche Kliniken müssen wegen Lieferengpässen „hunderte unnötige Vollnarkosen“ machen

Der Berufsverband Deutscher Anästhesisten verzeichnet nach eigenen Angaben seit Anfang des Jahres in den Krankenhäusern in Deutschland einen massiven Lieferengpass bei sogenannten Lokalanästhetika.

“Report Mainz”, das Politikmagazin der ARD berichtet, dass diese Lieferprobleme zu hunderten unnötigen Vollnarkosen geführt habe, da die lokalen Betäubungsmittel einfach fehlen. Obwohl eine lokale Betäubung bei mehreren hundert Patienten allein in Baden-Württemberg vollkommen ausreichend gewesen wären, sind diese unter einer Vollnarkose operierte worden. Dies ging sogar soweit, dass selbst kleine Eingriffe oder ambulante Operationen nur unter einer Vollnarkose oder mit einem Medikament zweiter Wahl durchgeführt werden konnten. Dies erläuterte der Chefarzt der Anästhesie am Klinikum Mittelbaden, Thomas Iber, gegenüber der ARD-Sendung. „In unserer Klinik war es sicherlich eine dreistellige Anzahl an Patienten. Bundesweit geschätzt einige tausend Patienten, die anstatt einer Vollnarkose eine Teilnarkose erhalten haben.“

Listen widersprechen offiziellen Angaben

Gegenüber den Reportern erklärte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, dass offiziell nur zwei der lokalen Betäubungsmittel von den Herstellern nicht lieferbar seien. Hingegen berichtet “Report Mainz“ von Listen, aus denen hervorgeht, dass doch wesentlich mehr Präparate nicht lieferbar sind oder es waren. Der südafrikanische Pharmakonzern Aspen spielt dabei eine der wichtigsten Rollen.

Der Konzern hat die Lieferschwierigkeiten bestätigt und verweis als Ursache auf „produktionstechnische Probleme und limitierte Produktionskapazitäten“. Daraufhin forderte der Berufsverband Deutscher Anästhesisten, dass diese knappen Lokalanästhetika auf die Liste der versorgungsrelevanten Medikamente gesetzt werden sollten. Nach dieser Liste müssen solche Arzneimittel immer vorrätig beziehungsweise lieferbar sein, um so eine dauerhafte Versorgung in Deutschland zu garantieren.

Aspen hob Preise für Medikamente um 1500 Prozent an

Bisher habe das Bundesgesundheitsministerium aber noch nicht auf diese Forderung reagiert. Das Ministerium erklärte gegenüber dem “Report Mainz” in einer schriftlichen Stellungnahme lediglich: „Bisher liegen uns keine Informationen dazu vor, dass es aufgrund der oben genannten Lieferengpässe zu gravierenden Einschränkungen in der Patientenversorgung gekommen ist.“

In Italien ist währenddessen im Jahr 2016 durch Wettbewerbsbehörden eine Strafzahlung in Höhe von 5,2 Millionen Euro wegen unzulässiger Preiserhöhungen und Missbrauch der Marktdominanz gegen Aspen verhängt worden. Ein überlebenswichtiges Krebsmedikament war von Aspen um 1.500 Prozent teuer gemacht worden. Dagegen hat der Pharmakonzern Berufung eingelegt, am Ende des Jahres wird dazu ein Urteil erwartet. Auch von Seiten der EU-Kommission wird derzeit gegen Aspen wegen unzulässiger Preiserhöhungen ermittelt.

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Author
Jerry Heiniken