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Fake-News-Skandal: Reporter veruntreute Spenden von Lesern

Reporter Claas Relotius schrieb nicht nur Fake-News, offenbar rief er auch zum Spenden auf und kassierte das Geld auf seinem Privatkonto.

Der SPIEGEL gestand diese Woche, dass er jahrelang Fake-News eines Reporters abgedruckt hatte. Der Journalist Claas Relotius hatte alle getäuscht und SPIEGEL-Geschichten mit Lügen aufgepeppt oder auch ganz erfunden. Als wäre das nicht schon schlimm genug, erhielt das Magazin nun die nächst Hiobsbotschaft: Laut SPIEGEL berichten Leser von einem Spendenaufruf, über den die Redaktion nicht informiert war. Offenbar hatte Relotius eine seiner erfundenen Geschichten genutzt, um Leser per E-Mail zum Spenden aufzurufen. Und es sieht so aus, als seien die gespendeten Summen auf seinem Privatkonto gelandet.

Wie der SPIEGEL berichtet, hatte Relotius am 9. Juli in dem Magazin eine Reportage über zwei syrische Flüchtlinge veröffentlicht. Laut Artikel sollten die Kinder in der Türkei unter dramatischen Bedingungen leben. In dem herzzerreißenden Text stand unter anderem, dass der Bruder seine eigene Mutter hätte begraben müssen. Anschließend soll Relotius von seinem privaten E-Mailkonto einen Spendenaufruf an Leser verschickt haben. Jüngst verkündete der Autor dann, dass es ihm gelungen sei, die Geschwister an ein Ärztepaar aus den Niederlanden zu vermitteln. Die Kinder seien angeblich adoptiert worden. Inzwischen ist bekannt, dass der Junge seine Mutter nicht begraben hat. Der beteiligte Fotograf klärte die SPIEGEL-Redaktion darüber auf, dass die Mutter noch lebe und in einem Möbelgeschäft arbeite. Auch die Adoption war frei erfunden. Ob es besagte Schwester überhaupt gibt, wird gerade überprüft. Der Fotograf kenne sie nicht.

Wieviel Geld Relotius mit der Aktion gemacht hat, steht ebenfalls noch zur Diskussion. Beunruhigend ist, dass der SPIEGEL über „Spendenaufrufe“ – also in der Mehrzahl – schreibt. Das ganze Ausmaß der inzwischen offenbar kriminellen Machenschaften muss erst noch ermittelt werden. Die Ermittlungen werden ab jetzt Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Der SPIEGEL kündigte bereits Strafanzeige gegen Relotius an.

Der SPIEGEL erklärt den Fall Relotius zum „Albtraum“. Das Magazin sei durch das Lügenkonstrukt seines – inzwischen ehemaligen – Reporters in einer „schweren Krise“. In den letzten Jahren habe der SPIEGEL über 50 Veröffentlichungen von Relotius gedruckt. Viele davon seien, so stellt die SPIEGEL-Redaktion selbst klar, ganz oder teilweise erfunden und verfälscht. Das Magazin bemüht sich weiterhin um absolute Transparenz und veröffentlicht seitenweise Aufklärungstexte. Relotius selbst sei derzeit nicht für eine Stellungnahme erreichbar, so der SPIEGEL.

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Sara Breitner