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Immer noch niedrige Zahlen: Warum die 2. Welle bisher ausbleibt

Trotz Lockerungen, Pfingsten, Demonstrationen und Strandpartys bleibt die zweite Welle bislang aus. Haben wir es schon geschafft? Aus folgenden Gründen bleiben die Infektionszahlen weiterhin niedrig.

Ende Mai zeigten die Deutschen vielerorts wenig Rücksicht auf die Corona-Regeln. Seither beobachten alle gespannt die Infektionszahlen. Etwa eine Woche später müssten diese sich dem neuen Geschehen anpassen. Doch der große Sprung in der Statistik blieb aus. In den vergangenen Tagen bewegten sich die täglichen Neuinfektionen unter 500. Im Vergleich zu den Zahlen zum Quartalsanfang ist das nichts. Da gab es Tage mit rund 6000 Neuinfektionen in 24 Stunden.

Laut Virologe Christian Drosten gibt es auch aus wissenschaftlicher Sicht gute Prognosen. Bereits vergangene Woche mutmaßte der Corona-Experte: “Vielleicht entgehen wir einem zweiten Shutdown”. Er sieht Gründe dafür im Infektionsgeschehen. Zunächst war man davon ausgegangen, dass das Virus sich gleichförmig zwischen Infizierten und deren Kontaktpersonen ausbreite. Inzwischen sehe es allerdings danach aus, als ob sehr wenige Personen für besonders viele Neuinfektionen verantwortlich wären. Etwa jeder fünfte Infizierte sei ein sogenannter „Superspreader“ und für rund 80% der Neuinfektionen verantwortlich. Die meisten Infizierten wiesen jedoch offenbar keine besonders hohe Ansteckungsrate auf. Dieses Infektionsgeschehen könne man “besser kontrollieren“, erklärt der Virologe optimistisch.

Statt einer weitläufigen Ausbreitung der Coronaviren wie Anfang April geschehen, wurden in den vergangenen 14 Tagen lediglich lokale Ausbrüche verzeichnet. Beteiligte an den Ausbrüchen konnten von den Gesundheitsbehörden überwacht und isoliert werden, wodurch eine weitere Ausbreitung offenbar verhindert wurde.

Im Mittelpunkt standen bei diesen Ausbrüchen immer Menschenversammlungen, bei denen die Verhaltensregeln missachtet wurden. Inzwischen weiß man, dass die folgende Konstellation für einen solchen Ausbruch verantwortlich ist: Viele Menschen – eng beieinander – über längeren Zeitraum – in einem geschlossenen Raum. Das bedeutet im Umkehrschluss: Dort wo die Menschen vorsichtig sind, sich an der frischen Luft treffen und Abstandsregeln einhalten, scheint das Risiko begrenzt.

Laut Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig geschehe genau dies: Sie beobachte, dass ein Großteil der Bevölkerung sein Verhalten verändert habe. Die meisten Menschen seien trotz Lockerung weniger unterwegs und begrenzten ihre Kontaktzeiten beim Einkaufen. Das mache sich im Infektionsgeschehen bemerkbar. Auch die Einführung der Maskenpflicht zeigte eine sichtbare Wirkung auf die Fallzahlen, so Brinkmann. So lange die Menschen vorsichtig blieben, könnten Gesundheitsämter das Infektionsgeschehen durch Kontaktverfolgung unter Kontrolle halten. „Dann werden wir eine zweite Welle abwenden können“, sagt die Virologin.

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Alexander Grünstedt