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RKI: Italienisches Corona-Drama auch in Deutschland möglich

In Italien und Spanien werden täglich hunderte Corona-Tote durch die Armee abtransportiert. Der Chef des Robert-Koch-Instituts warnt, dass die deutsche Corona-Krise den selben Verlauf nehmen kann.

Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI) warnt in einem Interview mit der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” davor, sich von der niedrigen Corona-Sterberate in Deutschland täuschen zu lassen. Eine dramatische Entwicklung wie in Italien sei auch in Deutschland denkbar. “Wir müssen damit rechnen, dass die Kapazitäten nicht ausreichen, ganz klar”, sagte Wieler. Es sei nicht auszuschließen, „dass wir hierzulande ebenfalls mehr Patienten als Beatmungsplätze haben.”

Die bisher niedrige Sterberate in Deutschland hinge vor allem damit zusammen, dass in Deutschland sehr viele Menschen getestet wurden. Außerdem hätten sich hierzulande bisher vor allem Personen infiziert, die ein geringes Risiko für einen schlimmen Verlauf hätten. Viele deutsche Corona-Fälle seien beispielsweise in Verbindung mit Skiurlauben aufgetreten. Viele bisher Betroffene gehörten nicht zur Hochrisikogruppe. Wenn das Virus sich jedoch innerhalb der Gesellschaft ausbreite und die Bewohner von Altenheimen oder Patienten in Krankenhäusern treffe, könne sich die Anzahl der Sterbefälle erhöhen.

Diskussionen um eine rasche Rückkehr zur Normalität lehnt der RKI-Chef ab. “Aus medizinischer Sicht möchte ich, dass wir alle die räumliche Distanzierung möglichst lange durchhalten”, so Wieler. Es sei wichtig, die Bedrohung „sehr ernst“ zu nehmen. Deutschland befinde sich “immer noch am Anfang der Welle”. Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) widersprach Vorschlägen, die Maßnahmen zu lockern. „Ich wende mich gegen jede dieser zynischen Erwägungen, dass man den Tod von Menschen in Kauf nehmen muss, damit die Wirtschaft läuft. Solche Abwägungen halte ich für unerträglich“, sagte Scholz.

Gleichzeitig werden immer mehr Gegenstimmen laut. Ansgar Lohse, der Direktor des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf warnte auch vor medizinischen Folgen, wenn der aktuelle Ausnahmezustand zu lange hingezogen würde. “Die Betreuung von psychisch Kranken ist schwieriger geworden, die Familiensituation in engen Räumen birgt extremes Konfliktpotenzial und eine Wirtschaftskrise wirkt sich direkt auf die Sterblichkeit aus.” sagte Lohse der BILD. Er plädiert deshalb für das Konzept der Herdenimmunität. Wenn diejenigen, für die das Virus ungefährlich ist, sich frühzeitig infizierten, könnten zukünftige Ausbreitungswellen natürlich gestoppt werden. Ähnliche Diskussionen wurden auch in den Niederlanden und Großbritannien geführt. Sie wurden jedoch aus ethischen Gründen verworfen. Weltweit versuchen die meisten Länder eine Ausbreitung der Pandemie mit strengen Maßnahmen zu unterbinden. Ausnahmen bilden Schweden oder Weißrussland.

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Jerry Heiniken