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Selektive Schließungen statt Gießkannen-Prinzip gefordert

Für ein differenzierteres Vorgehen bei den pandemiebedingten Schließungen von ganzen Branchen und Einrichtungen plädiert nun der Arzt und Biochemiker Alexander Kekulé. Am Montag kritisierte der Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Virologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in einem Interview mit dem WDR5 – „Morgenecho“ die derzeitigen Beschlüsse: „Wir hätten bei dem derzeitigen Lockdown wesentlich selektiver vorgehen können“.

Er merkt an, dass insbesondere mit dem Blick auf die Gaststätten es wesentlich effektiver gewesen wäre, wenn man nur einige wenige der schwarzen Schafe herausgepickt hätte. „Aber man musste wohl in dieser Situation mit der Gießkanne oder mit dem Hammer arbeiten, hätte aber vielleicht auch ein Skalpell nehmen können oder eine Pinzette.“

Zudem kritisiert der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle an der Saale, dass die Bundesregierung nicht viel früher Schnelltests in wesentlich größeren Mengen organisiert habe. Bereits seit dem Februar steht dieser Vorschlag im Raum, doch hätten die entsprechenden Fachbehörden diese Idee als „Unsinn“ abgetan. Auch wenn diese Tests mittlerweile bestellt worden seien, so stehen für den kommenden Winter nicht ausreichend zur Verfügung, sagte Kekulé.

Wenn diese Schnelltests eine breite Anwendung bekommen würden, so könne das „normale Leben“ für alle Menschen wesentlich besser organisiert werden, so der Arzt. Insbesondere mit dem Blick auf kleine Restaurants, die auf Grund der räumlichen Enge gar nicht in der Lage sind, Tische auseinanderzuschieben, könnten Besucher beim Betreten der Lokalität einem Schnelltest unterzogen werden.

Gleiches gilt aus seiner Sicht auch im privaten Bereich, bei dem sich durch einen Schnelltest eine Risikoabschätzung ergeben könnte, wenn zum Beispiel die Großeltern zu Besuch kommen. Daher sei es aus seiner Sicht sinnvoller, angesichts des wirtschaftlich riesigen Schadens durch die angeordnete Schließung von Betrieben, dass Geld lieber für Schnelltests auszugeben.

Auf die Kritik, dass die Schnelltests nicht präzise genug seien, sagte Kekulé, dass auch bei den PCR-Verfahren ein Restrisiko durch eine fehlerhafte Abstrichabnahme bestehe. Fehler unterlaufen auch Profis bei den PCR-Testungen. Zudem gehe es bei den Schnelltest um die Anwendung im Alltag und nicht um Therapieentscheidungen im Krankenhaus.

Der Vorstellung, durch Schließungen und „Lockdown“-Maßnahmen eine verbesserte Pandemie-Situation rund um Weihnachten zu erreichen, erteilte der Biochemiker eine klare Absage. „Das wird nicht so sein, das Virus ist erst einmal gekommen, um zu bleiben.“ Die Gesellschaft müsse sich damit arrangieren. „Wir brauchen einen kontinuierlichen Modus, damit umzugehen.“

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Martin Beier