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Keine Herdenimmunität trotz hoher Infektionszahlen

Bislang ging man der Annahme nach davon aus, dass irgendwann dann eine Herdenimmunität eintritt, wenn sich nur genug Menschen mit dem Coronavirus infiziert haben. Forschende können dies am Beispiel der Stadt Manaus in Brasilien überprüfen und machen dabei eine überraschende Entdeckung.

Die Hoffnungen auf eine Herdenimmunität beim Coronavirus hat nun eine neue Studie aus Brasilien erheblich gedämpft. Aus den Zahlen, die im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurden, geht hervor, dass sich drei Viertel der Bevölkerung in der Zweimillionen-Metropole während der ersten acht Monate der Pandemie mit dem Sars-CoV-2-Virus infiziert haben. Allerdings ist dabei die erwartete Herdenimmunität nicht eingetreten. Nachgewiesen wurde diese mittels einer Analyse von Antikörper-Tests in Blutspenden.

Zwischen Februar und dem 8. Oktober haben Forscher um Ester Sabino vom Tropeninstitut der Universität in São Paulo jeweils 1.000 Blutspenden aus Manaus und São Paulo getestet. Am 13. März war in Manaus die erste Infektion mit dem Virus bestätigt worden. Bei 4,8 Prozent der Proben aus dem April wurden Antikörper entdeckt. 45,5 Prozent waren es im Mai und dann im Juni schon 52,5 Prozent. Im etwa 3.000 Kilometer entfernten São Paulo waren es zu diesem Zeitpunkt nur 13,6 Prozent.

Die hohe Übertragungsrate in Manaus führen die Forscher unter anderem auf sozioökonomische Bedingungen zurück. Dazu gehören überfüllte Haushalte, kein sauberes Wasser und eine hohe Abhängigkeit von Bootsfahrten mit hohem Ansteckungsrisiko. Die Erkrankungsrate für Juni schätzt Sabina in Manaus auf 66 Prozent. Diese könnte gar bis auf 76 Prozent im Oktober gestiegen sein. Für den gleichen Zeitraum haben die Forscher für São Paulo lediglich eine Erkrankungsrate von 29 Prozent ermittelt. Angesichts der örtlichen Bedingungen in Manaus war eine Erkrankungsrate von 89 bis 94 Prozent erwartet worden, so die Wissenschaftler. Dass dieser Wert nicht erreicht worden ist, sei nur den ergriffenen Infektionsschutzmaßnahmen wie Maskentragen, Distanz und Hygiene zu verdanken.

Trotz der sehr hohen Infektionszahl kam es nach Ansicht der Forscher nicht zu einer Herdenimmunität bzw. einem kompletten Erliegen des Infektionsgeschehens. Auch wenn die Zahl der Toten seit dem Sommer erheblich gesunken ist, sterben weiterhin viele Menschen in der Stadt an Covid-19. Gleichzeitig gibt es in Manaus aber nicht die klassische zweite Welle. Daher stellt sich die Frage, warum es überhaupt noch Ansteckungen gibt. In den Blutproben haben die Forscher auch darauf die Antwort gefunden. Die Häufigkeit von spezifischen Antikörpern fiel demnach im Blutserum im Oktober wieder auf 25,8 Prozent. Daraus schlussfolgern die Forscher, dass die erhoffte langfristige Immunität durch erfolgte Sars-CoV-2-Infektionen nicht erreicht wurde.

Insgesamt sind bislang 6,5 Millionen Coronafälle in Brasilien gemeldet, gestorben sind bis zum jetzigen Zeitpunkt schon mehr als 175.000 Menschen. Lediglich die USA und Indien haben mehr bestätigte Fälle von Sars-CoV-2.

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Sara Breitner