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Keine Pillen aus dem Automaten

Deutschlandweit kämpft die Versandapotheke DocMorris für ihren ersten Apothekenautomaten. Per Video sollen die Kunden Kontakt mit einem Apotheker bekommen. In Karlsruhe hat nun aber das Oberlandesgericht ein Verbot bestätigt. Somit bleibt der Ort ohne Apotheke.

Der von DocMorris aufgestellte erste Apothekenautomat in Deutschland bleibt weiter außer Betrieb. Das vom Landgericht Mosbach verhängt Verbot wurde nun vom Oberlandesgericht in Karlsruhe bestätigt. Die aus den Niederlanden stammende Versandapotheke DocMorris hatte vor zwei Jahren im baden-württembergischen Hüffenhardt (Neckar-Odenwald-Kreis) den ersten dieser Automaten aufgestellt und in Betrieb genommen.

Doch bereits wenige Wochen später ist das Projekt im Juni 2017 gerichtlich gestoppt worden. Es lag ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vor. Danach dürfen nur Apotheker verschreibungspflichtige Medikamente an Verbraucher ausgeben. Geklagt hatten unter anderem der Landesapothekerverband Baden-Württemberg und Apotheker aus der Umgebung. Nun waren sie auch vor dem OLG erfolgreich. DocMorris bleibt nun aber noch der Gang zum Bundesgerichtshof.

Per Video konnten Kunden im Rahmen einer “pharmazeutischen Videoberatung mit angegliederter Arzneimittelabgabe” Kontakt mit einem Apotheker in den Niederlanden aufnehmen und Medikamente aus dem Automaten erhalten. Der Wirbel um den Automaten ist jedenfalls größer als das Gerät selbst. In den umgebauten Räumen einer früheren Apotheke, mit angeschlossenem Lager mit Platz für mehr als 8000 Schachteln, ist neben einem Bezahlterminal und einem Bildschirmtisch hinter Glas nur ein Stück Förderband zu sehen. Von dort fällt das gewünschte Medikament nach unten in den Ausgabeschacht – theoretisch.

Somit gibt es keine Apotheke mehr in 2000-Seelen-Ort

In dem 2000-Seelen Ort rund 20 Kilometer nordwestlich von Heilbronn gibt es nunmehr seit vier Jahren keine Apotheke mehr. Fast sechs Kilometer muss nun derjenige fahren, der Kopfschmerz- oder Blutdruckmittel haben möchte. “Die nächste Apotheke ist in Haßmersheim”, sagt Hüffenhardts SPD-Bürgermeister Walter Neff. Ihm gefiel der Ansatz, dass die europaweit tätige Versandapotheke in der nordbadischen Gemeinde eine “Videoberatung mit Arzneimittelabgabe” eingerichtet hat.

Valentin Saalfeld von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein sieht dies erfahrungsgemäß anders. Mit mehr als 500.000 Notaufnahmen in Krankenhäusern durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen durch Medikationsfehler zeigen, dass die Ausgabe von Arzneimitteln nur hochqualifizierten Personen überlassen werden sollte. “Dass das, was in Hüffenhardt geschehen soll, keine Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandes darstellt, ist offensichtlich”, meint der Medizinrechtler.

Auch aus der Politik kommt Widerstand gegen die Versandapotheke. In einem Referentenentwurf von CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn für ein “Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken” wird das Verbot von Arzneimittel-Automaten außerhalb von Apotheken betont. Hingegen erklärt Hüffenhardts Rathauschef Neff, warum diese nicht als Alternative für den ländlichen Raum zugelassen werden sollte, wo kein Apotheker mehr hin will. “Man könnte es doch als Pilotprojekt laufen lassen.”

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Jerry Heiniken