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Virologe: “Herbst wird heikel”, wenn wir jetzt nicht handeln

Die Politik setze falsche Signale, mahnt ein führender Epidemiologe aus Hamburg. Uns stehe ein schwerer Herbst und Winter bevor, wenn wir jetzt nicht handeln und die Infektionszahlen wieder deutlich absenken.

Während die politische Stimmung zwischen Lockerungen und Warnungen schwankt, sehen viele Experten der Virologie und Epidemiologie klare Signale, dass etwas geschehen müsse. Sonst werde es „sehr schwer werden im Herbst und Winter“, erklärt der Epidemiologe Ralf Reintjes von der Hamburg Universität für Angewandte Wissenschaften (HAW) im Interview mit FOCUS Online.

Reintjes bemängelte, dass einerseits Corona-Auflagen verschärft, aber andererseits Schutzmaßnahmen zurückgefahren würden. Dabei müsste die Politik deutliche Signale senden, die zur Vorsicht raten und die Konzepte, um Infektionen an Schulen oder Flughäfen in Grenzen zu halten, müssten deutlich verbessert werden. „Wir können nicht alles wieder so machen wie vor der Pandemie“ wird Reintjes zitiert. „Um eine neuerliche schwere Erkrankungswelle zu verhindern, müssen wir als Gesellschaft andere Prioritäten setzen.“ Es sei jetzt notwendig, die Zahl der Neuinfektionen noch vor Herbsteinbruch wieder zu senken. „Wenn wir es laufen lassen und jeden Tag mehrere tausend Fälle haben, dann wird es sehr schwer werden im Herbst und Winter“, mahnt der Experte für Epidemie-Verläufe.

Der Virologe Friedemann Weber (Professor für Virologie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen) ist „immer noch verhalten optimistisch, dass die Zahl der Infektionen das aktuelle Level nicht dramatisch übersteigen werden“, allerdings gibt auch er in genanntem Artikel zu Bedenken: „Bis zum Herbst sollten die derzeit beachtlichen Infektionszahlen deutlich sinken, sonst könnte es im Herbst heikel werden. Dann sind wieder größere Ausbrüche zu erwarten, und diese sollten nicht schon von einem hohen Infektionslevel ausgehen.“

Ganz einig sind sich jedoch auch die Experten nicht. Der Bonner Virologe Hendrik Streeck erklärte gegenüber n-tv, dass die Infektionszahlen derzeit “eigentlich gar nicht so aussagekräftig” seien. Er glaubt, es sei wichtiger, im Auge zu behalten, “wie es sich stationär verhält, in den Krankenhäusern, auf den Intensivstationen” und schlägt daher ein Ampelsystem vor, dass davor warne, wenn die Belegung auf den Intensivstationen kritisch werde. So lange die Infektionen vor allem asymptomatisch verliefen, wie es derzeit mehrheitlich passiere, sei ein weiterer Anstieg der Infektionszahlen kein Anlass zur Sorge. Dann könnten wir “gut durch den Herbst kommen”, sagt Streeck. Sollten die Krankenhaus-Ampeln doch auf rot schnellen, könne man dann ja immer noch restriktive Maßnahmen ergreifen, um eine weitere Verbreitung des Virus einzudämmen.

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Author
Sara Breitner