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Zweite Welle mitten in Europa: Mehr Neuinfektionen als im März

Hierzulande scheiden sich die Geister, ob die zweite Welle schon da ist oder nicht. Im Nachbarland sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Das Coronavirus ist in Frankreich aktiver denn je.

Corona-Alarm mitten in Europa: In Frankreich wandert die Kurve der Infektionszahlen steil nach oben, steiler als am Anfang der Pandemie. Am Samstagabend meldeten die Pariser Behörden 8550 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Am Vortag waren es 8975 positive Corona-Testergebnisse. Damit schreibt der Staat hinter der Grenze zu vier deutschen Bundesländern seinen eigenen Corona-Rekord neu. Der bisherige Maximalwert an Neuinfektionen in Frankreich wurde am 31. März verzeichnet. Damals waren es nur 7578 Fälle.

“In Frankreich entwickelt sich die Viruszirkulation exponentiell”, warnte die nationale Gesundheitsbehörde Santé Publique France am Samstag. Diese Wachstumsdynamik sei besorgniserregend. Die Behörde vermeldete, dass binnen sieben Tagen mehr als eine Millionen Franzosen auf eine Sars-CoV-2-Infektion getestet worden waren. Innerhalb dieser Woche sprang die Quote der positiven Testergebnisse von 4 auf 4,5 Prozent. In Deutschland liegt sie bei unter einem Prozent, obwohl auch sehr umfangreich getestet wird.

Familien in Frankreich spüren bereits jetzt die ersten Konsequenzen des Wiederaufflammens der Pandemie. 12 Schulen auf dem französischen Festland wurden kurz nach Beginn des Schuljahres wieder geschlossen. Die Franzosen fürchten sich vor einem zweiten Lockdown. Frankreich hatte Mitte März sehr strenge Maßnahmen ergriffen und auch Ausgangssperren eingeführt.

Eine positive Nachricht gibt es dennoch: Der französische Epidemiologe Mircea Sofonea von der Universität Montpellier beschwichtigte: Die Situation heute sei nicht mit der Epidemielage von März vergleichbar. Es gebe wenig Todesfälle zu beklagen und die Krankenhäuser meldeten wenig schwere Fälle.

Die meisten aktuellen Corona-Fälle in Frankreich zeigen milde Verläufe. Das medizinische Zentrum Croix-de-Chavaux im Pariser Randgebiet Montreuil berichtete, dass die Mehrzahl Infizierten zwischen 35 und 60 Jahre alt sei und wenig Symptome zeige. Wenn dies so bliebe, würde das Gesundheitssystem damit fertig werden, ähnlich wie mit der Grippesaison.

Auch das Robert-Koch-Institut und die deutschen Gesundheitsbehörden beobachten die Zahlen in Frankreich. Bereits im August waren die am schwersten betroffenen Regionen Provence-Alpes-Côte d’Azur und die Île-de-France zum Risikogebiet erklärt worden. Es bleibt abzuwarten, ob die Reisewarnung auf ganz Frankreich ausgeweitet werden wird. Hauptkriterium für die Neubewertung der Risikolage ist die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.

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Author
Stephan Heiermann