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Europäerinnen verlassen Marokko nach Morddrohung wegen knapper Kleidung

Marokko: Ein Lehrer hatte dazu aufgerufen, drei Europäerinnen köpfen zu lassen, weil sie unangemessene Kleidung trugen. Die Frauen brachen ihre Reise ab.

Gemeinsam mit einer Hilfsorganisation waren drei Belgierinnen nach Marokko gereist, um dort bei dem Aufbau von Schulen und Straßen zu helfen. Offenbar zeigten die Frauen sich dabei leicht bekleidet. Ein Lehrer drohte deshalb mit ihrer Ermordung. Ein marokkanischer Politiker kritisierte die Frauen öffentlich. Schließlich brachen die Belgierinnen ihre Reise ab.

Im Internet soll ein marokkanischer Lehrer erklärt haben, dass die jungen Frauen aus Belgien wegen ihrer unangemessenen Kleidung „geköpft“ werden sollten. Die Polizei meldete später, man habe den 26-Jährigen festgenommen. Es würde Anklage wegen Anstiftung zu Terrorakten gegen den Mann erhoben.

Kurze Zeit später erklärte die belgische Hilfsorganisation mit der die Frauen angereist waren, dass die drei Belgierinnen ihren Aufenthalt vorzeitig abgebrochen hätten. Man sehe von künftigen Projekten in Marokko ab, da die belgische Botschaft empfohlen habe, keine Freiwilligen mehr nach Marokko zu entsenden.

Im Königreich Marokko, in dem fast ausschließlich Muslime leben, ist unterdessen eine Diskussion über „angemessene Kleidung“ entbrannt. In der west-marokkanischen Millionenstadt Casablanca wurde zu Solidaritäts-Demonstrationen mit den Belgierinnen aufgerufen. Veranstalter der Bewegung erklärten, dass man Marokko als „Land von Toleranz, friedlichem Zusammenleben und kultureller Vielfalt“ zeigen wolle. Aus der Politik wurden andere Töne verlautbar. Der marokkanische Abgeordnete Ali Ilasri kritisierte die bedrohten Frauen, weil sie sich in dem konservativen Dorf nicht angemessen gekleidet hätten. Auf Facebook kommentierte er das Geschehen mit einer rhetorischen Frage: „Wann haben Europäer jemals im Badeanzug Bauarbeiten gemacht?“

Das Auswertige Amt in Deutschland empfiehlt Frauen, die ohne legitimierte, männliche Begleitung durch Marokko reisen, dort „zurückhaltend“ aufzutreten und „gesundes Misstrauen“ zu zeigen, weil die „große Mehrheit der Marokkaner wertkonservativ eingestellt“ sei und „ein traditionelles Rollenverständnis“ pflege.

Letztes Jahr wurden in Marokko zwei Camperinnen aus Norwegen und Dänemark ermordet. Die Polizei rekonstruierte später, dass die Frauen in ihrem Zelt überfallen und geköpft worden waren. Drei Beschuldigte, die sich zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt hatten, wurden für den Mord vor einem marokkanischen Gericht, das für Terrorismus zuständig ist, zum Tode verurteilt. Laut Auswertigem Amt bestehe nach wie vor trotz erheblicher Sicherheitsmaßnahmen das Risiko terroristischer Angriffe.

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Stephan Heiermann