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Lockerungen erst ab eine Inzidenz von 10 gefordert

Im Moment scheint Deutschland die Infektionszahlen gut im Griff zu haben. Für viele Regionen rücken die Inzidenzwert von 35 und damit einhergehende Lockerungen in greifbare Nähe. Mit dem Blick auf die sich immer schneller ausbreitenden Coronavirus-Mutationen mahnen Forscher nun vor jeglicher Form der Öffnung, da dies große Risiken berge.

In Deutschland breiten sich die ansteckenden Varianten des Coronavirus immer weiter aus. Mittlerweile stellt sich jede fünfte Infektion als britische Variante B.1.1.7 heraus. Das ist weit mehr als es noch vor zwei Wochen der Fall war, so das Robert-Koch-Institut. Der System-Immunologe Michael Meyer-Hermann warnt im Angesicht dieser stark wachsenden Zahlen davor, dass es durch diese Varianten dazu kommen kann, dass die durch die Politik angepeilte Inzidenz von 35 Infektionen pro 100.000 Einwohner pro Woche torpediert werde.

Mayer-Hermann, der am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig arbeitet sagte gegenüber dem „Tagesspeigel“, dass es bei einer ungünstigen Entwicklung dazu kommen kann, dass die Inzidenz von 35 durch den aktuellen Lockdown gar nicht erreicht werden kann. Zum jetzigen Zeitpunkt berge jede Form der Öffnung das Risiko, das die gesetzten Ziele nicht erreicht werden.

Laut dem Wissenschaftler hat Deutschland ein doppeltes Problem: „Wir sind aktuell mit mindestens zwei Pandemien konfrontiert”, erklärte Meyer-Hermann. „Die alte haben wir mit den aktuellen Maßnahmen unter Kontrolle und bringen die Inzidenzen mit einer Reproduktionszahl von 0,85 runter.” Daneben kommt es aber gerade zu einer Ausbreitung der neuen Variante. Wie der Forscher zu bedenken gab, liege hierbei die Reproduktionszahl bei über eins. Konservativen Schätzungen zufolge habe die Mutante B.1.1.7 eine um 35 Prozent höhere Übertragungswahrscheinlichkeit. „Sie befindet sich in Deutschland bereits in einer Phase des exponentiellen Wachstums, und die aktuellen Maßnahmen reichen nicht, um diese Entwicklung auszubremsen”, so Meyer-Hermann. „Je mehr man jetzt aufgrund der fallenden Inzidenzen lockert, desto früher wird die dritte Welle mit B.1.1.7 sich entwickeln. ”

Forscher plädiert für Inzidenz-Ziel von 10

Mit niedrigen absoluten Fallzahlen expandiere B.1.1.7 exponentiell mit einer Reproduktionszahl von über eins. „Grob geschätzt 1,2″, so der Forscher. „Das sieht man nur nicht, weil immer noch die meisten Fälle mit der alten Variante auftreten.” Er ist sich sicher, dass B1.1.1 über kurz oder lang dominieren werde. „Die Verlangsamung zeigt an, dass die neue Variante gerade übernimmt und die dritte Welle einleitet.”

In Großbritannien kann man dies schon sehr gut erkennen, da hier zuletzt fast 90 Prozent aller untersuchten Proben die Mutation enthalten hätten. Auf 97 Prozent kommt sogar die Hauptstadt London. Die Variante B.1.1.1 befindet sich auch in Dänemark mittlerweile in mehr als jeder vierten Probe.

Bei der Beibehaltung der aktuellen Maßnahmen lasse sich in Deutschland eine ähnliche Expansion so lange hinauszögern, damit die Fallzahlen ausreichend sinken könnten, so Meyer-Hermann. Er plädiere daher für eine Inzidenz von 10. Die dritte Welle lasse sich mit einer dann verbesserten Nachverfolgung noch abfangen, so der Forscher. Im Moment sei eine Diskussion über Öffnungen noch fatal.

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Author
Stephan Heiermann