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Rassismus an deutschen Schulen? Das sagen Lehrer dazu

Bei der Twitter-Aktion #MeTwo berichten Tausende über rassistische Erfahrungen in Deutschland. Viele Berichte stammen aus Schulen. Die HuffPost fragte deshalb bei den Lehrern nach.

Unter dem Twitter-Hashtag #MeTwo berichten Schüler immer wieder über Rassismus. Vor allem würde man sie überdurchschnittlich oft auf die Hauptschule schicken, auch wenn sie gute Leistungen zeigten.

Heinz-Peter Meidinger Präsident des Deutschen Lehrerverbands und Schulleiter eines Gymnasiums in Deggendorf bestreitet, dass es systematischen Rassismus an deutschen Schulen gäbe. Er glaubt, Kinder mit Migrationshintergrund würden wegen ihrer sprachlichen Defizite so häufig auf Hauptschulen geschickt: “Ich habe selbst schon mehrfach Kindern mit Migrationshintergrund und Sprachdefiziten empfohlen, einen anderen Weg zum Abitur zu wählen, auch wenn sie grundsätzlich die kognitiven Fähigkeiten für das Gymnasium mitbrachten. Dass das ein Zeichen von Rassismus sein solle, halte ich für falsch.”

Olaf S. unterrichtet seit 20 Jahren an einer Brennpunktschule in Berlin, er erkennt, dass sich in den letzten zehn Jahren manches gebessert habe, man singe z.B. keine rassistischen Lieder mehr wie „zehn kleine Negerlein“, dennoch sei die Lehre „euro- und ethnozentristisch“, meint der Berliner Pädagoge. “Dass Deutschland Einwanderungsland ist, spiegelt sich in Schulbüchern wenig wider”. Außerdem beobachte er, dass Lehrer sehr vorurteilsbehaftet seien: “Wenn ein Junge mit muslimischen Eltern etwas anstellt, heißt es von den Lehrern oft: ‘Klar, der ist ja der Pascha zu Hause’ oder es wird auf das Macho-Stereotyp arabischer Jungs angespielt. Wenn ein blonder Junge deutscher Eltern sich genauso verhält, ist er einfach nur ein Rabauke.” Der Pädagoge sieht im Verhalten der Lehrer eine selbsterfüllende Prophezeiung: “Die Kinder werden dann unter Umständen aggressiv und denken: ‘Wenn ich es schon in der Schule nicht schaffe, dann beweise ich mich wenigstens auf der Straße.’ So reproduzieren sie genau das Klischee, das die Gesellschaft in ihnen sehen will.”

Die Grundschullehrerin Marlou H. erlebt ihren Alltag ganz anders. Auch sie arbeitet an einer Brennpunktschule, allerdings in Hamburg: „An unserer Schule habe ich noch keine Situation erlebt, in der sich die Lehrer rassistisch verhalten hätten. In einem Brennpunktviertel ist ein hoher Migrationsanteil die Norm, wer hier arbeitet, weiß, dass ein Migrationshintergrund nichts Exotisches ist.” An ihrer Schule gäbe es sogar ein Eltern-Mentoren-Programm, bei dem sich Eltern mit Migrationshintergrund gegenseitig helfen würden.

Wahrscheinlich lässt sich kein klares Urteil fällen. Überraschen tut das nicht. Schulen und Lehrer lassen sich eben so wenig in Schubladen stecken wie ihre Schüler. Nicht jeder türkische Rabauke wird zum Macho erzogen und nicht jeder Lehrer lässt sein Urteil durch Vorurteile trüben. Aber reicht nicht schon ein Lehrer, um den Lebenslauf eines Kindes massiv zu beeinflussen?

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Sara Breitner