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Schwedischer Experte hält Corona-Prognosen für „extrem übertrieben“

Die Schwedische Regierung wird immer wieder für ihren Sonderweg in der Corona-Krise kritisiert. Der nationale Epidemiologe Giesecke verteidigt die Politik Schwedens und er glaubt, Deutschland mache einen schweren Fehler.

Während in ganz Europa das öffentliche Leben weitestgehend brachliegt, sind in Schweden immer noch alle Restaurants, Cafés, Kitas und Grundschulen geöffnet. Das Land setzt auf den mündigen Bürger, der sich gut die Hände wäscht und zuhause bleibt, wenn er ein Kratzen im Hals spürt. Der schwedische Professor Johan Giesecke ist einer der beratenden Köpfe hinter dieser Politik. In einem Interview mit der Bild-Zeitung legt er dar, warum seiner Meinung nach, Deutschland auf einem gefährlichen Weg sei.

Ein Hintergrund der deutschen Maßnahmen ist die Angst vor einem Kollaps des Gesundheitssystems. Diese Sorge teilt Giesecke nicht. Er glaubt, die meisten EU-Länder hätten genügend Kapazitäten. Studien, die bei ungebremster Verbreitung von hunderttausenden Todesopfern ausgehen, hält er für “extrem übertrieben”.

Darüber hinaus bezweifelt der Epidemiologe die Wirksamkeit von den Lockdowns. Es gebe keinen wissenschaftlichen Beleg für deren Wirksamkeit. Dass Deutschland oder Norwegen im Moment so erfolgreich in der Corona-Bekämpfung erschienen, sei für ihn nur ein temporärer Zustand. Deutschland und Gleichgesinnte könnten den Lockdown nicht ewig halten. „Der einzige Unterschied zu Schweden ist, dass die Todesfälle in diesen Ländern später passieren – nachdem sie ihre Maßnahmen gelockert haben.“, sagt Giesecke und, so fügt er an anderer Stelle hinzu, „…dass Deutschland gerade seine Wirtschaft zerstört.“

Wenn schwedische Regierungsberater darauf bauen, dass am Ende alle Länder gleich dastehen, liegt der Verdacht nahe, dass das Land auf eine Herdenimmunität hinarbeite, also nie vorhabe, die gefährdeten Anteile der Bevölkerung aktiv vor einer Infektion zu schützen.

Diesen Vorwurf weisen alle schwedischen Experten von sich. Auch Schweden wolle die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen, nur seien laut Giesecke und Kollegen dafür keine Gesetze notwendig. Auch in Schweden seien die Menschen angehalten, sich an strenge Hygieneregeln zu halten und durch Soziale Distanzierung Risikogruppen zu schützen. Dies durch freiheitsberaubende Gesetze zu forcieren, wie dies in Deutschland geschehe, sei jedoch „nicht nachhaltig“.

Schweden verzeichnet mittlerweile über 2000 Corona-Opfer, was im Verhältnis zur Einwohnerzahl und im Vergleich zu Deutschland extrem hoch ist. Ein Drittel der Verstorbenen waren Bewohner von Altersheimen. Der nationale Chef-Epidemiologe Anders Tegnell gab zu Bekennen, dass hier „Fehler gemacht“ wurden, diese Risikogruppe zu schützen. Allerdings, so betonte Tegnell, befänden sich in Schwedens Altersheimen nur Menschen mit einer weiteren Lebenserwartung von wenigen Monaten.

Premierminister Stefan Löfven zeigte in Anbetracht der Zahlen am Mittwoch eine mögliche Kehrtwende. Wenn die Regeln zum Infektionsschutz nicht eingehalten würden, könnten drastischere Maßnahmen auch für Schweden denkbar werden.

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Sara Breitner