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WHO stuft neuartige Probleme als Krankheit ein

Die Weltgesundheitsorganisation hat ihren Katalog für Gesundheitsstörungen um Zwanghaftes Sexualverhalten und Video- oder Online-Spielsucht erweitert und wird dafür heftig kritisiert.

Laut Weltgesundheitsorganisation werden Zwanghaftes Sexualverhalten und Video- oder Online-Spielsucht künftig als Krankheitsbilder erfasst. Die Diagnosen tauchen künftig in der „Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11)“ auf und bekommen damit einen offiziellen Krankheitsstatus. Bisher wurden beide Problematiken zwar immer mal wieder von Medien und Hilfsorganisationen aufgegriffen, galten jedoch offiziell nicht als Krankheitsbild. Die Neuerung gilt als umstritten.

Die Diagnose „Zwanghaftes Sexualverhalten“ sollen Betroffene erhalten, die intensive, wiederkehrende Sexualimpulse verspüren und diese über längere Zeiträume nicht kontrollieren können. Das Zwangsverhalten gilt vor allem dann als problematisch, wenn es zu Beeinträchtigungen im Familien- oder Arbeitsleben führt. Als Beispiele gelten Sexsucht aber auch übermäßiger Pornokonsum, der das Sexualleben und Sozialverhalten beeinflusst. Experten gehen davon aus, dass es in Deutschland ca. eine halbe Million Pornosüchtige gibt, die meisten davon männlich, dies gehe aus mehreren Studien hervor.

Als Video- oder Online-Spielsucht gilt ein übermäßiges Spielverhalten, das zur sozialen Isolation oder der Vernachlässigung von Körperhygiene führt. Als betroffen gilt auch, wer über ein Jahr lang andere Aspekte des Lebens dem Spielen unterordnet. Tatsächlich wurden immer mal wieder Todesfälle bekannt von Spielern, die im Banne ihrer Tätigkeit sogar die Grundbedürfnisse nach Trinken und Schlafen vernachlässigt hatten. Gemäß Zahlen des Verbands „Game“ vergnügen sich in Deutschland rund 35 Millionen Menschen mit Computer- und Videospielen, 1% der Spieler gelten als exzessive Nutzer mit Problemverhalten.

Besonders die Diagnose Video- oder Online-Spielsucht gilt als umstritten. Lobbyisten der Gaming-Industrie äußerten Bedenken, dass gesunde Menschen, die ihrem Hobby nachgehen, plötzlich als therapiebedürftig eingestuft und stigmatisiert werden könnten. Robert Jakob, Gruppenleiter Klassifikationen (ICD) bei der WHO verteidigte die Entscheidung seiner Organisation: Die WHO sieht dort eine Problematik, wo Menschen ihre Freunde verlieren oder die Körperhygiene vernachlässigen, um Videospielen nachzugehen. „Es gibt keinen Grund, solches pathologisches Spielen aus dem Katalog zu nehmen.“ Er betonte jedoch auch, dass niemand leichtfertig als krank bezeichnet werden dürfe, nur weil er viel Zeit mit dem Handy oder Computer verbringt.

Mit der Entscheidung erfasst die WHO erstmals seit 30 Jahren den internationalen Katalog für Krankheitsbilder neu. In der kommenden Woche werden die Änderungen offiziell verabschiedet. Ab Anfang 2022 sollen die WHO-Mitglieder nach ICD-11 kodieren. Dann wird die Diagnose Video- oder Online-Spielsucht mit dem Code 6C51 als Krankheitsbild codiert, die Diagnose Zwanghaftes Sexualverhalten bekommt den Code 6C72.

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Author
Stephan Heiermann