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WM-Aufarbeitung: Spielt Özil nie wieder für Deutschland?

Nach der Erdogan-Affäre wurde Mesut Özil von den Fans ausgepfiffen. Bei der deutschen Blamage in Russland wurde sein Ruf nicht besser – wenngleich er nicht mehr oder weniger dazu beigetragen hat, als die anderen Kollegen. Özil aber allen voran erntete Spot und Respektlosigkeit. Dabei kickte Mesut Özil in 92 Spielen für Deutschland und brachte der Mannschaft 23 Tore. Beim WM-Sieg 2014 ist seine Leistung nicht wegzudenken.

Nach dem 0:2 gegen Südkorea wurde Özil zum Ventil für den Unmut der Fans. Medienberichten zufolge wurde er rassistisch angefeindet. Beim darauffolgenden Interview zeigt er sich mit gesenktem Blick. Der Schmerz über die verlorene WM, über die Schmach der letzten Wochen und nicht zuletzt über all die Kritik die ihm persönlich entgegenprallt, ist ihm anzusehen. Seit der WM-Nominierung hatte er sich vor Interviews zurückgezogen und selbst auf seinem sonst sehr belebten Twitter-Account ist wenig Neues zu lesen.

Man kann nachvollziehen, dass er schweigt, denn mit diplomatischer Stärke konnte Özil bisher wenig überzeugen. Allerdings ist ein solcher Rückzug nicht ewig möglich. Die Fußball—Millionäre werden auch dafür bezahlt, dass sie gegenüber Fans und Analytikern Rede und Antwort stehen. Ob Özil sich aus freien Stücken oder vielleicht auch auf Ansage zum Schweigen gezwungen sah, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Zur Folge hatte es jedoch, dass an seiner statt plötzlich die Kollegen gezwungen waren, sich zur Erdogan-Affäre zu äußern. Kapitän Manuel Neuer hatte zugegeben, dass der Skandal “ein bisschen gestört” hätte und “sogar belastend” empfunden wurde.

Team-Manager Oliver Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw verteidigten Özil in der Öffentlichkeit. Faktisch wurde der Kicker jedoch nach dem blamablen Spiel gegen Schweden auf die Ersatzbank beordert. Ein Zug der nachvollziehbar ist: Wer persönlich unter Druck steht, gar noch auf dem Feld verspottet wird, wird sich schwertun, Bestleistung zu zeigen.

Es ist verständlich, dass man im Vorfeld der WM versucht hat, die Störfeuer klein zu halten. Im Nachgang wird sich der Deutsche Fußballbund allerdings zu dem Skandal äußern müssen. Hätte man mit der Krise anders umgehen können? Welche Stellung bezieht der DFB zu den verärgerten Fans? War es gar ein Fehler, diese einfach zu übergehen? Bis September sollte der Bund eine neue Position gefunden haben. Dann nämlich wird die EM 2024 vergeben. Konkurrent von Deutschland ist die Türkei.

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Stephan Heiermann